Reizdarm, Reizdarmsyndrom (RDS)

Arzt Praxis Gallwitz für Ernährungsmedizin: Wie kann die Ernährungsmedizin beim Reizdarmsyndrom helfen?

Reizdarmsyndrom – Definition

Um einen Reizdarmsyndrom handelt es sich, wenn abdominelle Schmerzen (Bauchschmerzen) oder Unwohlsein in Verbindung mit Stuhlgangsunregelmäßssigkeiten für mindestens 3 Monate bei Ausschluss struktureller und biochemischer Auffälligkeiten vorliegen (aktuelle Leitlinienempfehlung des ACG (American College of Gastroenterology)).

Das Reizdarmsyndrom ist weit verbreitet. In Deutschland finden wir ca. 15 Mio. Betroffene. Das Verhältnis Frauen zu Männer liegt bei 2 : 1. Die Lebensqualität bei Reizdarmsyndrom ist ähnlich eingeschränkt wie bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Am häufigsten klagen die Patienten über unbestimmte Bauch- und Magenschmerzen und ein Gefühl des Unwohlseins. Stuhlunregelmäßigkeiten mit Verstopfung oder Durchfall sowie Blähungen und Völlegefühl sind typisch. Viele Betroffene leiden zusätzlich unter Rücken-, Gelenk- und Kopfschmerzen.

Patienten mit Reizdarmsyndrom klagen überproportional häufig über:

  • weichen Stuhl, wenn der Schmerz beginnt
  • häufigeren Stuhlgang bei Schmerzbeginn, jedoch keine nächtlichen Beschwerden
  • nachlassenden Schmerz nach dem Stuhlgang
  • deutlich sichtbaren Blähbauch
  • subjektives Völlegefühl
  • Schleimbeimengungen im Stuhl
  • unvollständige Stuhlentleerung

Diagnose: RDS – Reizdarmsyndrom

Das sehr informative Video wurde leider vom NDR von der Youtube-Plattform entfernt.

Quelle: Auslass-Diät soll Reizdarm beruhigen | Die Ernährungs-Docs | NDR vom 01.02.2017

Der Reizdarm ist keine Krankheit, sondern eine Störung der Darmfunktion

Die Patientin ist 23 Jahre alt und leidet unter Blähungen, Völlegefühl, Verstopfung und Durchfall. Helfen soll eine FODMAP-Diät, bei der auf bestimmte Kohlenhydrate verzichtet wird. Sie soll diese Ernährungsweise 3 Wochen lang durchhalten und ein Ernährungstagebuch führen.

Die Behandlung eine Reizdarmsyndroms ist oft reinste Detektivarbeit

Die junge Frau schildert anschaulich wie schwierig es ist, sich so zu ernähren, wenn sie unterwegs ist evtl. sogar mal ein ganzes Wochenende. Doch leider hat sie auch unter der FODMAP armen Ernährung weiterhin Beschwerden. Durch eine weitere Blutuntersuchung wird herausgefunden, dass sie einen Mangel an einem Histamin abbauendem Enzym hat. Sie hält jetzt eine Histamin arme Ernährung ein, wodurch die Beschwerdesymptomatik sich deutlich bessert.

Typisch für den Reizdarm ist, dass man es sich kaum selbst erklären kann, welche Lebensmittel man nicht verträgt

Für mich nicht nachvollziehbar ist, dass ihr zur Verbesserung der Darmflora Sauerkraut und Brottrunk empfohlen werden! Damit wird die junge Frau mit Sicherheit wieder Probleme bekommen, da gerade fermentierte Lebensmittel sehr histamin-haltig sind und sie dadurch zu 100% wieder Beschwerden bekommen wird.

Nahrungsmittel, bei Histaminintoleranz nicht verträglich:

  • Eingelegte/konservierte Lebensmittel
  • Käse: vor allem Hartkäse – je älter ( je länger gereift) desto mehr Histamin
  • Geräuchertes Fleisch, Schinken, Salami, …
  • die meisten Fischprodukte, v.a. Fischkonserven
  • Bohnen und Hülsenfrüchte (besonders Kichererbsen und Sojabohnen, auch Erdnüsse)
  • Sojaprodukte (Sojamilch, Sojasahne, Tofu, Sojasaucen, …)
  • Produkte aus Weizen (werden manchmal gut vertragen!)
  • Sauerkraut
  • Fertiggerichte
  • Einige Obstsorten (Bananen, Birnen, Melanzani, Orangen, Kiwi, …)
  • Alkoholische Getränke / vergorene Getränke (Brottrunk)
  • Schwarzer Tee
  • Schokolade, Kakao
  • Balsamico, Rotweinessig, Weissweinessig
  • Hefe/ Bäckerhefe / Bierhefe – diese wandeln Histidin in Histamin um und erhöhen somit nochmals den Histaminspiegel

kein Anspruch auf Vollständigkeit

„Der Weg beim Reizdarmsyndrom ist meisten holperig, man darf aber nicht locker lassen“

Ähnliche Erkrankungen wie beim Reizdarmsyndrom

Da die Symptome des Reizdarmsyndroms so vielfältig sind, kann es sehr leicht mit anderen Krankheitsbildern verwechselt werden. Es gibt jedoch Symptome, die gegen ein Reizdarmsyndrom sprechen und auf eine andere Erkrankung hindeuten.

Alarmsymptome, die gegen ein Reizdarmsyndrom sprechen

  • Kurze Beschwerdedauer
  • Gewichtsverlust
  • Blut im Stuhl
  • Nächtliche Beschwerden
  • Familienanamnese f. Kolonkrebs (Darmkrebs)
  • Anämie (Reduzierung der roten Blutkörperchen)
  • progrediente Beschwerden
  • kürzliche Antibiotikagabe
  • Alter, jünger als 50 Jahre
  • männliches Geschlecht

Sollten diese Beschwerden bzw. Fakten zutreffen, sollten Sie baldmöglichst einen Arzt aufsuchen!

Folgende Erkrankungen können ähnliche Symptome wie beim Reizdarmsyndrom hervorrufen:

  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten, zum Beispiel Unverträglichkeit von Milch und Milchprodukten bei Laktoseintoleranz; von Pflaumen, Birnen, Apfelsaft bei Sorbit Unverträglichkeit; von weiteren Obstsorten bei Fructose-Unverträglichkeit
  • Andere Darmerkrankungen, zum Beispiel chronische Entzündungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulzerosa, Divertikel bzw. Divertikulitis, Darmpolypen
  • Erkrankungen von Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse, z.B. Gallensteine, Fettleber, Pankreatitis
  • Erkrankungen des Magens, z. B. Magenschleimhautentzündung

Reizdarmsyndrom – Auswirkungen & Komplikationen

Bei gelegentlichen Symptomen wie Blähungen oder Bauchschmerzen machen sich die meisten Patienten nicht allzu große Sorgen und sind im Allgemeinen auch nicht stark belastet. Sind die Beschwerden sehr stark und auch häufig, fühlen sich die Betroffenen schon erheblich belastet und in ihrer Alltagstauglichkeit deutlich eingeschränkt.

Häufig entwickeln sie auch depressive Symptome, sind bedrückt, niedergeschlagen, fühlen sich kraftlos und häufig kommt es zu sozialem Rückzug. Auch Ängste, vor allem vor chronischen Krankheiten und gar Krebs können auftreten.


Reizdarmsyndrom – Untersuchungen & Diagnose

Ein erfahrener Arzt sollte die Diagnostik vornehmen. Da es keine für den Reizdarm typische Konstellation von pathologischen Laborparametern gibt und auch keine technische Untersuchung typisch für Reizdarm ist, müssen alle ähnlichen Krankheitsbilder ausgeschlossen werden.

Am Anfang der Diagnostik steht selbstverständlich das ausführliche Patientengespräch mit der Erhebung der Krankheitsgeschichte. Es schließt sich die körperliche Untersuchung mit Schwerpunkt auf den Bauch an.

Die folgenden technischen Untersuchungen dienen dazu, andere Krankheiten auszuschließen:

  • Untersuchung mit Sonographie der Bauchorgane
  • Blutuntersuchung mit Blutbild, Entzündungsparameter, Leberwerte, u.a..; Stuhluntersuchung, vor allem auf verstecktes Blut; Urinuntersuchung
  • Darmspiegelung (Koloskopie) zur Untersuchung der Darmschleimhaut und Ausschluss von Darmkrebs, H-2 Atemtest mit Laktose, Fruktose, Glucose
  • H2-Atemtest zum Ausschluss einer bakteriellen Fehlbesiedlung des Dünndarms auf Sorbit-Unverträglichkeit

Die Ausprägung der Beschwerden und der Verlauf der Krankheit ist bei keinem Patienten identisch. Daher wird sich auch nicht jeder Patient allen oben aufgeführten Untersuchungen unterziehen müssen.


Reizdarmsyndrom – Prognose & Verlauf

Das Reizdarmsyndrom ist nicht heilbar, jedoch sind die Krankheitszeichen in der Regel gut in den Griff zu bekommen. Auch psychotherapeutische Maßnahmen sind hilfreich.

Reizdarm – Vorsorge & Schutz

Es gibt leider keine Möglichkeit einem Reizdarmsyndrom vorzubeugen. Dennoch sollten Sie unbedingt die Möglichkeiten der Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen. Ab dem 55.ten Lebensjahr ist eine Darmspiegelung als Vorsorgeuntersuchung Kassenleistung!


Arzt Praxis Gallwitz für Ernährungsmedizin: Die Ernährungsberatung bringt Ihren Stoffwechsel beim Reizdarmsyndrom in Schwung

Tipps für Reizdarmsyndrom-Patienten

  • ausgeglichenen Lebensweise und gesunde Ernährung
  • Langsam und in Ruhe essen – gut kauen, denn Verdauung beginnt bereits im Mund
  • Ausgewogen Ernährung mit ausreichend Ballaststoffen, möglichst frische und naturbelassene Lebensmittel
  • Ballaststoffe: am geeignetsten sind Haferflocken, Leinsamen oder Flohsamen, da sie die Gleitfähigkeit des Stuhls erhöhen.
  • Trinkmenge: 30 ml pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag benötigt der Körper, damit die Darmfunktion reibungslos ablaufen kann.
  • Bewegung bringt den Darm in Schwung

Quelle : Siegenthaler Lehrbuch der Inneren Medizin ; Deutsche Reizdarm Selbsthilfe e.V.