Dysbiose: Gestörte Darmflora – Darmfunktionsstörung?
Dysbiose nennt man eine gestörte Darmfunktion, die ihre Ursache häufig in einer Fehlbesiedlung mit Darmbakterien hat. Viele unterschiedliche Gründe können dazu führen wie weiter unten beschrieben wird.
Für Patient und Arzt ist die Therapie der Dysbiose (Darmfehlbesiedlung) recht komplex, gilt es doch andere Ursachen für die geklagten Beschwerden auszuschließen.
Die Darmflora – ein eigener Organismus
Der Darm verfügt über mehr Bakterien, als der Körper Zellen hat. Es sind ca. 500 verschiedene Bakterienarten bekannt, die zu vielen Billionen an und auf den Schleimhäuten des Darms leben. Die Gesamtheit aller dieser Mikroorganismen wird als Mikrobiom bezeichnet. In einem gesunden Darm leben alle Mikroorganismen in einer Symbiose (Gemeinschaft). Das ist allerdings nur möglich, wenn die Mikroorganismen im Darm in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen.
Gestörte Darmfunktion (Dysbiose) – ein weit verbreitetes Problem
Zahlen und Fakten
- 100 Billionen Bakterien besiedeln jeden einzelnen Menschen, die meisten davon leben in unseren Darmwänden
- Es leben 10-mal mehr Bakterien in unserem Darm, als unser Organismus an Zellen besitzt
- Die Mikroben in unserem Darm wiegen bis zu 2 Kilogramm
- Rund 30 Tonnen Nahrung und 50.000 Liter Flüssigkeit werden von ihm im Lauf unseres Lebens verarbeitet
- Bei seiner Arbeit wird der Darm von mehr als 500 Bakterienarten unterstützt.
- 80% unseres Immunsystems ist im Darm verankert
- Unser Verdauungstrakt beherbergt 100 Millionen Nervenzellen – mehr als das Rückenmark – und wird daher auch oft als „Bauch-Hirn“ bezeichnet
- Im Darm werden mehr als 20 Hormone gebildet, darunter das Glückshormon Serotonin und das Schlafhormon Melatonin
Kurzfristige Belastungen und Störungen dieser Symbiose kann der Darm in der Regel schnell wieder ausgleichen. Dauern die schädlichen Einflüsse jedoch lange an oder sind sie sehr massiv, kommt es zu Schäden in der Darmschleimhaut und folglich zur Veränderung des Darmmilieusmit der Folge einer Darmfehlbesiedlung und somit zu einer gestörten Darmfunktion. Dadurch können sich schädliche Keime ausbreiten und die nützlichen Mikroorganismen verdrängen. Diesen Zustand nennt man Dysbiose.
Darm gesund – Mensch gesund
Der Darm ist für den Menschen wie die Wurzel für den Baum. Ist der Darm gesund, geht es uns Menschen gut, ebenso verhält es sich mit der Wurzel und dem dazugehörigen Baum. Darm und Wurzel, beide existieren im Verborgenen, von uns Menschen meist nicht bemerkt. Sie ähneln sich nicht nur im Aussehen, sondern sie haben auch dieselbe Bedeutung für Gesundheit und Krankheit. (Dr. Franz Xaver Mayr österreichischer Gastroenterologe 1875-1965 ; Begründer der Mayr-Kur )
Die Aufgaben des Darms
- Aufspaltung der Nahrung
- Resorption von Vitalstoffen
- Grenzfläche zur Außenwelt
- Sitz des Immunsystems
- Produktion von Enzymen, Hormonen, Vitaminen
- Sitz des „zweiten Gehirns“
- Entgiftung
- Stärkung der natürlichen Heil-und Regenerationsfähigkeit
Dass der Darm auf eine qualitativ schlechte, unausgewogenen und in zu großen Mengen zugeführte Nahrung mit einem übel riechenden Stuhl, Durchfall, Verstopfung oder Reizdarmsyndrom reagiert, ist inzwischen jedermann bekannt und betrifft mittlerweile sehr viele Menschen. Die gestörte Darmfunktion entwickelt sich immer mehr zu einer chronischen Volkskrankheit.
Vielleicht kennen auch Sie die Situation vor Prüfungen: der Bauch grummelt, der Magen zwickt und Durchfallattacken lassen einen flugs die Toilette aufsuchen. Kein anderes Organ reagiert so schnell auf psychische Belastungen wie der Darm und kein anderes Organsystem lässt sich so schnell aus dem Gleichgewicht bringen, wie der Magen-Darm-Trakt!
Das liegt u.a. auch daran, dass der Magen-Darmbereich unser Gefühlszentrum darstellt. Daher wirken sich Stresssituationen, Leistungsdruck, Ängste, Trauer etc. besonders negativ auf die Darmsituation aus. Sehr viele Nervenstränge führen vom Darm in unser Gehirn. Viel weniger Nervenbahnen führen allerdings zurück zum Darm. Somit informiert unser Darm also unser Gehirn, umgekehrt kommen deutlich weniger Informationen vom Gehirn an den Darm. Sicherlich wird an dieser Stelle deutlich, warum bei bestimmten Situation, wie z.B. bei Angst oder Ärger, sich Durchfall meldet, man ihn aber umgekehrt nicht so einfach stoppen kann.
Der Darm – Sitz von 80% des Immunsystems
Der Darm ist der wichtigste Teil der Immunabwehr; 80% unseres Immunsystems sind im Darm lokalisiert. Die Darmoberfläche ist mit einer Gesamtfläche von ca. 400 m² rund 200 x größer als die Oberfläche unseres Körpers.
Der Darm stellt die größte Kontaktfläche zur Außenwelt da und kommt mit allen Dingen, die wir zu uns nehmen(Nahrung, Medikamente, Gifte etc.) in engen Kontakt. dar.
Die Nahrung wird durch spezifische Enzyme aufgeschlossen und resorbiert, Schadstoffe bleiben im Darmlumen zurück und werden zusammen mit den ausscheidungspflichtigen Stoffen mit dem Stuhl ausgeschieden. Auch die Leber leitet Toxine über Galle in den Darm und aus dem Körper. Mit 80% der Zellen des gesamten Lymphsystems spielt das Lymphsystem des Darmes eine ausschlaggebende Rolle für die Immunsituation des gesamten Organismus.
Diagnose:
Dünndarm-Fehlbesiedlung – gestörte Darmflora führt zu gestörter Darmfunktion
Das sehr informative Video wurde leider vom NDR von der Youtube-Plattform entfernt.
Quelle: Dünndarm-Fehlbesiedlung: Bakterien aushungern | Die Ernährungs-Docs | NDR vom 16.01.2017
Bauchschmerzen, Übelkeit, Völlegefühl, Blähungen
Die junge Patientin leidet an einer Dünndarmfehlbesiedlung. Sie hat nicht nur Verdauungsbeschwerden, sondern leidet auch an Allgemeinsymptomen wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Kraftlosigkeit.
Bereits vor Konsultation der Ernährungs-Docs wurden Atemtests auf Fructose, Lactose und Glucose durchgeführt, die alle 3 pathologisch (krankhaft) ausfielen. Eine ernährungsmedizinische Beratung hat die junge Patientin bis dato nicht erhalten.
Bei den Ernährungs-Docs wird ihr anschaulich erläutert, was in ihrem Darm geschieht – wobei das im Video Erklärte nur eine Möglichkeit von vielen ist, wie es zu einer solchen Fehlbesiedlung kommen kann. Eine 6 wöchige Kohlehydratkarenz soll der erste Schritt zu einer normalen Darmflora sein. In diesen 6 Wochen darf sie gegartes Gemüse, Fisch, Fleisch, Nüsse und gesundes Fett (Öle) zu sich nehmen. Kaffee als Bittersoff soll den Jieper auf Süßes reduzieren.
Danach, so lautet die Empfehlung, peu á peu Obst, Dinkel, Roggen und Buchweizen dazu nehmen und präbiotische (ballaststoffhaltige) Nahrungsmittel wie Artischocken, Chicorrée, Topinambur, Löwenzahn und Zwiebeln in den Speiseplan integrieren. Hier in dem Fall der Patientin scheint das alles gut zu funktionieren, die Patientin hält sich vorbildlich an die vorgegebenen Maßnahmen und nach 6 Monaten ist von ihren Beschwerden nicht mehr viel übrig.
Oft stellen sich die Probleme komplexer dar. Eine Fehlbesiedlung-Dysbiose-, die schon über Jahre währt, ist nicht in 6 Monaten behoben. Da bedarf es dann einer weiter gefassten Diagnostik mit Erfassung der Dünn- und Dickdarmkeime und Entzündungsparametern im Stuhl um heraus zu bekommen, ob ein Leaky Gut Syndrom besteht. Auch sollte gemessen werden, ob sich bereits Defizite im Mikronährstoffbereich feststellen lassen. Ein kranker Darm nimmt die Mikronährstoffe nicht so in den Organismus auf wie ein gesunder! Diese Defizite müssen ausgeglichen und bei der ernährungsmedizinischen Therapie berücksichtigt werden.
Die Dysbiose
Durch falsche Ernährung, aggressive Medikamente (Strahlen- oder Chemotherapie, Antibiotika, Kortison), Lebensmittelzusatzstoffe, Konservierungsstoffe oder sonstige negative Einflüsse wird das Zusammenspiel von Darmschleimhaut, Darmflora und Darmmilieu gestört. Es entsteht eine Darmfehlbesiedlung = gestörte Darmflora = Dysbiose. Zu den ersten Symptomen für eine gestörte Darmflora gehören das Aufstoßen, Blähungen, Darmkrämpfe oder Koliken sowie übel riechender Stuhl.
Wird auf diese Alarmzeichen nicht adäquat reagiert, kann sich eine schwere Darmerkrankung wie Zöliakie, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn oder gar Darmkrebs entwickeln.
Es kommt zu einem Ungleichgewicht zwischen den gesunden und den krankmachenden Darmbakterien. Letztere können sich bei einer entsprechenden Milieuänderung (pH-Wert sollte im Stuhl zwischen 5,8 und 6,5 sein) massiv vermehren und die Darmbakterien verdrängen, die wir brauchen um gesund zu bleiben. Die Veränderungen können letztlich zu einer Entzündung der Darmschleimhaut führen und zu einem sogenannten Leaky gut Syndrom (Syndrom des „löchrigen Darmes) führen. Dabei ist der Zusammenhalt der Darmschleimhautzellen untereinander nicht mehr gegeben. Es können große- z.T auch giftige – Moleküle aus der Nahrung und aus dem Bakterienstoffwechsel zwischen den Darmzellen hindurch und somit Entzündungsreaktionen auslösen.
Ursachen einer gestörten Darmflora sind häufig:
- Behandlung mit Antibiotika ohne begleitende Probiotika als Darmschutz
- Einnahme von Säureblockern
- regelmäßige Einnahme von Abführmitteln
- minderwertige Ernährung (zu viele raffinierte Kohlenhydrate, zu viel tierisches Eiweiß, zu wenig Ballaststoffe)
- Dauerstress
Kommen mehrere solche Faktoren zusammen, so siedeln sich mit der Zeit vermehrt Keime mit ungünstiger Wirkung im Darm an und verdrängen die lebenswichtigen Bakterien der gesunden Darmflora. Des Weiteren kommt es zu einer gestörten Darmbarriere Funktion. Normalerweise ist unser Darmschleimhaut durch eine dicke Bakterienschicht und darauf folgend eine dicke Schleimschicht geschützt .Bei Veränderungen der Darmflora verdünnt sich die Bakterienschicht und die Bakterien, die für die Qualität und Dicke der schützenden Schleimschicht verantwortlich sind (Akkermansia muciniphila) finden sich nur noch in sehr reduzierter Anzahl. Auch bilden unsere „guten“ Bakterien sogenannte Defensine ( bakterielle Antibiotika), die die potentiell krankmachenden Darmbakterien in Schach halten.
Folgen einer solchen gestörten Damflora sind u.a.:
- Verminderte Bildung bzw. Aufnahme von wichtigen Vitaminen
- Änderung des pH-Wertes im Darm
- vermehrtes Wachstum von Pilzen
- ungünstige Ausdehnung der Dickdarmflora bis in den Dünndarm
- Vorwuchern der Bakterien teilweise bis in die Gallen- und Bauchspeicheldrüsengänge
- die Darmwand wird mit durch fehlende schützende Substanzen (z.B. IgA) allmählich durchlässiger für Mikroroganisem und Nahrungssmittelbestandteile, die normalerweise nicht in den Körper gelangen (leaky-gut-Syndrom)
- im Weiteren kommt es zu immunologischen und Stoffwechselreaktionen sowie zu Fäulnis- und Gärprozessen in der veränderten Darmflora, die zur vermehrten Bildung von toxischen Stoffen (z.B. Fuselalkohole, Ammoniak, Indole, Phenole, aromatische Amine u.a.) führen
- durch das vermehrte Pilzwachstum gelangen auch zunehmend sog. Mykotoxine in den Organismus, die unter anderem zu Allergien, Leberbelastungen führen und nicht zuletzt auch zur Krebsentstehung beitragen können.
Mögliche Beschwerden durch eine gestörte Darmflora:
- Blähungen, Völlegefühl, Druck und Schmerzen im Bauchraum, Durchfall, Verstopfung
- chronische Infekte, die immer wieder kehren oder nicht ausheilen wollen wie z.B. Nebenhöhlenentzündungen
- viele chronische Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Psoriasis (Schuppenflechte), chronische Ekzeme u.a. sowie Allergien aller Art sind wesentlich durch eine gestörte Darmflora beeinflusst
- chronische Müdigkeit, Abgeschlagenheit
- Nahrungsunverträglichkeiten
- Impotenz, Libidoverminderung, Regelunregelmäßigkeiten
- Probleme der Schleimhäute
- nicht zuletzt spielt die Darmflora wie oben erwähnt auch eine Rolle bei der Krebsentstehung
Behandlung
In den meisten Fällen ist eine Behandlung einer gestörte Darmflora und dadurch bedingten gestörten Darmfunktion mit einem Multispezies Probiotikum (vermehrungsfähige Darmkeime) und einem Präbiotikum (Ballaststoffe) kombiniert mit einer Ernährungsumstellung der einfachste Weg Ihre gestörte Darmflora wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Es gibt inzwischen hervorragende Möglichkeiten in spezialisierten Laboren eine Darmflora Untersuchung machen zu lassen, bei der es möglich ist auch die anaeroben Darmkeime ( Darmbakterien, die nur bei Sauerstoffauschluss existieren können) zu bestimmen ebenso können wir Entzündungsparameter im Stuhl messen, die aufzeigen, ob ein Leaky gut Syndrom bereits vorliegt.
Durch die Ergebnisse Ihrer Darmfloraanalyse ist es nun möglich, die für Sie optimalen Präparate und Einnahmestrategien zu finden. Eine sinnvolle Ernährungsumstellung unter Berücksichtigung individueller Nahrungsmittelunverträglichkeiten rundet die Therapie ab.